Vorgesehene Wiederholung der Wahl eines Mitglieds des Wahlprüfungsgerichts: Linke kündigt Klage an

Am Donnerstag wird sich die Stadtverordnetenversammlung voraussichtlich erneut mit der Wahl eines Mitglieds des Wahlprüfungsgerichts befassen. Eine Vorlage, welche durch den Stadtverordnetenvorsteher Torsten von Haaren eingereicht wurde, sieht die erneute Wahl des 5. Mitglieds des Wahlprüfungsgerichts vor. Aus Sicht der Linksfraktion in der Stadtverordnetenversammlung stellt dieser Vorgang eine politische Ungeheuerlichkeit dar. Denn gewählt wurde bereits: der Stadtverordnete und Linksfraktionsmitglied Francesco-Hellmut Secci. Dieser soll nun abgewählt und durch ein Mitglied von Bündnis Deutschland ersetzt werden. Die Linksfraktion kündigt an, im Falle einer Abwahl dagegen Klage einzureichen.

"Die geplante Abwahl unseres Stadtverordneten, der demokratisch in das Wahlprüfungsgericht  gewählt wurde, zugunsten eines Mitglieds von Bündnis Deutschland ist auf mehreren Ebenen ein politischer Skandal", so Petra Brand, Vorsitzende der Linksfraktion in der Stadtverordnetenversammlung. "Der konkrete Plan, ein von der Linksfraktion benanntes und durch die Stadtverordnetenversammlung demokratisch gewähltes Mitglied durch ein Mitglied einer rechtspopulistischen Partei zu ersetzen, erschüttert mich. Damit einhergehen würde eine weitere Normalisierung rechter Parteien und Positionen. Alle demokratischen Parteien sind aufgefordert, rechten Parteien nicht mehr als den ihnen unabdingbar zustehenden Raum im parlamentarischen System zu überlassen."

Die Wahl des 5. Mitglieds des Wahlprüfungsgerichts hatte am 13.09.2023 stattgefunden, nachdem bei der ersten Wahl im Juli der Kandidat von Bündnis Deutschland keine Mehrheit gefunden hatte. Auf Vorschlag der Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion Petra Brand kandidierte der LINKEN Abgeordnete Francesco-Hellmut Secci und erhielt eine knappe Mehrheit über der BD-Kandidatin. Der Oberbürgermeister legte gegen die Wahl von Secci Widerspruch ein, weil er den Spiegelbildlichkeitsgrundsatz nicht gewahrt sah. Dieser schreibt das Abbilden der Mehrheitsverhältnisse in den demokratischen Gremien vor.

In einem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano wurde die Rechtswidrigkeit des Widerspruchs von Melf Grantz sowie die Rechtmäßigkeit der Wahl von Francesco-Hellmut Secci sowie die Rechtswidrigkeit des Widerspruchs festgestellt.

Petra Brand, Fraktionsvorsitzende führt aus: "Das Gutachten von Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano stellt fest, dass Melf Grantz als Oberbürgermeister keinen Widerspruch gegen die Wahl einlegen konnte, da dies einzig der Magistrat durch einen gemeinsamen Beschluss kann. Der Widerspruch ist also auf formal unzulässige Weise eingelegt worden und die Frist hierfür abgelaufen. Außerdem stellt das Gutachten fest, dass der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz nicht das einzige verfassungsrechtliche Prinzip ist, das gewahrt werden muss, sondern ebenfalls der Schutz des freien Mandats und die Funktionsfähigkeit von Gremien wie dem Wahlprüfungsgericht gewährleistet werden müssen.  Auf der verfassungsrechtlichen Ebene ist der Vorschlag daher abenteuerlich. Würde man der Argumentation des Oberbürgermeisters und des Stadtverordnetenvorstehers folgen, dann würde die freie Mandatsausübung von gewählten Volksvertreter*innen erheblich eingeschränkt, da sie zu einer bestimmten Wahl gezwungen wären. Die Wahl von Francesco-Hellmut Secci hat ja gezeigt: Die Mehrheit der Stadtverordneten wollte kein Mitglied einer rechtspopulitischen Partei wählen. Und sie sollten auch nicht dazu gezwungen werden können. Wir setzen darauf, dass diese Brandmauer weiterhin steht und werden deshalb geheime Abstimmung beantragen."

Petra Brand weiter:

"Es ist ein unwürdiges Hin und Her, dass der Oberbürgermeister jetzt fordert, eine demokratische Wahl wieder rückgängig zu machen. Und es ist ein Offenbarungseid, dass der Stadtverordnetenvorsteher dem Widerspruch des Oberbürgermeisters Folge leistet, obwohl der Widerspruch formell unzulässig war und eine Beschneidung der Rechte der Stadtverordneten bedeutet. Bezeichnend dabei ist, dass dieser ungeheuerliche Vorgang möglichst geräuschlos über die Bühne gehen sollte - eine Aussprache war nicht vorgesehen. Wir werden die Aussprache einfordern und deutlich machen, dass der Widerspruch von Melf Grantz nicht rechtmäßig und darüber hinaus politisch komplett fehlgeleitet ist. Falls die Stadtverordnetenversammlung dem Widerspruch tatsächlich folgen und Francesco-Hellmut Secci abwählen sollte, werden wir das juristisch prüfen lassen. Der Normalisierung rechter Parteien in den Parlamenten dieser Republik darf kein Vorschub geleistet werden".


Hier ist Link zum Gutachteneingestellt.
Hier ist der Link zur StVV-Vorlage eingestellt.